Wie lange gibt es in Bern noch zwei Tageszeitungen?

Die Chefredaktoren von «Bund» und «Berner Zeitung» beantworteten diese Frage gemeinsam, im journitalk von impressum Bern. Trotz rückläufiger Abonnentenzahlen im Print-Bereich ist die Fusion momentan kein Thema mehr. Die Rettung sollen mehr digitale Abos bringen. Und Subventionen vom Staat – als Überbrückung.

Eigentlich sollten «Bund» und «Berner Zeitung» nach der Übernahme von Espace Media durch Tamedia im Jahr 2007 zusammengelegt werden. Doch sie existieren beide noch heute. Und das gar nicht so schlecht. Zwar erodieren die Print-Abonnentenbestände, doch werden die Berner Blätter auch zunehmend digital abonniert. Die beiden Chefredaktoren Patrick Feuz («Bund») und Simon Bärtschi (BZ) berichteten im letzten journitalk des Jahres bei Roland Jeanneret, weshalb sie für das Weiterbestehen von zwei Tageszeitungen in der Bundeshauptstadt recht optimistisch sind.

Digitale Daten verraten Vorlieben der Leserschaft

«Die Digitalisierung, die uns das Geschäft kaputt macht, gibt uns zugleich verlässliche Daten in die Hand», sagte Feuz, Chefredaktor seit 2015. Heute seien präzise Analysen möglich, wer welche Inhalte wo für wie lange nutze. Inzwischen sei auch in Zürich klar, dass die urbane Leserschaft des «Bund» und die eher ländliche der BZ sehr unterschiedliche Erwartungen an ihr Medium hätten, die ein fusioniertes Blatt niemals befriedigen könnte. Mit zwei unterschiedlichen Titeln könne Tamedia das Leserpotential optimal ausschöpfen.

Skeptisch sind die beiden Chefredaktoren, ob es ihnen gelingt, die stetigen Einnahmenausfälle bei den Zeitungsabonnementen rechtzeitig durch mehr digitale Abonnemente zu kompensieren. Um sich dafür mehr Zeit zu verschaffen, hoffen sie auf eine «Überbrückungsrente» des Staates – in Form zusätzlicher indirekter Medienförderung.

Unterschiede grösser als vermutet

Bärtschi wehrte sich gegen den oft gehörten Vorwurf, dass mittlerweile in BZ, «Bund» und «Tages-Anzeiger» fast das Gleiche stünde. «Das stimmt überhaupt nicht», sagte Bärtschi, der die BZ seit diesem Jahr leitet. Demnach machen die identischen Inhalte weniger als ein Drittel aus. Bei gleicher Seitenzahl gibt es in der BZ mehr Sport und Lokales, im «Bund» mehr Inland, Ausland, Wirtschaft und Kultur.

Die Veranstaltung im Käfigturm vom 5. Dezember 2019 zog so viel Publikum an wie wohl noch nie ein journitalk. Und dies nicht nur, weil Redaktionsangehörige beider Blätter hören wollten, was sich in ihrem gemeinsamen Verlagshaus mit der strikten redaktionellen Firewall nächstens tun könnte. Auch zahlreiche weitere Interessierte, aktive und ehemalige Medienschaffende, nutzten die Gelegenheit, sich zu informieren. Die Reihe «journitalk – Medienmenschen im Gespräch» wird von impressum Bern, Syndicom, SSM und BPRG veranstaltet. Markus Dütschler, Stefan Rohrbach

Bildlegende: Patrick Feuz, Roland Jeanneret und Simon Bärtschi (v.l.n.r.). Foto: Toni Rütti